Ein Blick zurück: Wagna und der Bau der Südbahn

Bereits um 1838 erstellten Offiziere des k.k. Geniekorps ein Vorprojekt für die Lokomotiveisenbahn von Wien nach Triest mit der Trasse über dem Semmering im Anschluss an die damals im Bau befindliche Bahnstrecke Wien-Gloggnitz. 1844 wurde die Strecke Mürzzuschlag-Bruck bis Graz als k. k. Staatsbahn eröffnet.

Während die österreichischen Schienenwege erst im Entstehen waren, veranstalteten englische Eisenbahner bereits Rekordfahrten. Der Bau von Eisenbahnen nahm ab 1840 rasant zu. Das reiche Bürgertum entdeckte die Bahnen als preiswertes Transportmittel, das sich neben dem Geschäftstourismus auch für den Reiseverkehr eignete. Im Jahr 1841 organisierte der Brite Thomas Cook die ersten Pauschalreisen. Der österreichische Ingenieur-Hauptmann Lobminger hatte Vorbereitungen für die Errichtung des zukünftigen Schienenweges unternommen und seine Pläne in Budapest im Jahre 1837 der Eisenbahn-Kommission vorgelegt. Er erhielt von Erzherzog Johann den Auftrag, an den Beratungen über den Bau der Ferdinand-Südbahn (von Wien nach Triest) teilzunehmen. Die Streckenführung über Ungarn oder die Obersteiermark stand zur Diskussion. Ihre Bedeutung in kommerzieller, besonders aber in militär-strategischer Beziehung, ist allgemein anerkannt. Über die Südbahn rollte der Nachschub für Feldmarschall Radetzkys Truppen. Durch die Eisenbahn erhielten 1846 selbst die Dörfer einen Anschluss an die weite Welt bis zur Riviera. Kleine Orte, wie Wagna, durch die Bahnlinien führten, sahen sich oft in ihren Hoffnungen enttäuscht, weil sie durch den abnehmenden Fuhrwerksverkehr Einbußen hinnehmen mussten. Die Lokomotive dampfte vorüber, ohne die Wirte, die Kaufleute, die Handwerker des Ortes zu berücksichtigen. Der Markt Leibnitz hingegen entwickelte sich zu einer stark frequentierten Verkehrsstation der Südbahn. Durch die bedeutenden Zufuhren an Bauholz von Schwanberg, Kohlen und Eisenwaren von Eibiswald, Mehl aus der Kaindorfer Kunstmühle, Zündwaren aus Frauental, Wein und andere landwirtschaftliche Produkte, profitierte das örtliche Gewerbe. Letzten Endes bewahrte die Bahnverbindung nach Wien manche Menschen vor dem sicheren Tod, welche mit der damals grassierenden Tollwut infiziert und nur in Wien behandelt werden konnten. Wer mit Rabies angesteckt war, musste binnen 48 Stunden mit einem Heilserum vom k. k. Rudolfspital in Wien geimpft werden. Mittellose Patienten erhielten aus der Gemeindekassa einen Vorschuss zum Kauf der Fahrkarte. Die Überquerung der Sulm in Wagna galt als technische Herausforderung. In der Baugeschichte der Bahn spielte die Sulmbrücke eine bemerkenswerte Rolle. Davon in der kommenden Ausgabe mehr.

 

Von Friedrich Klementschitz