Gut zu wissen: Woher die Kirchengasse ihren Namen hat

Wer sich in Wagna in der „Kirchengasse“ befindet, wird vergeblich nach einer Kirche suchen. Die Entstehung dieses Straßennamens ist auf Ereignisse des 1. Weltkrieges zurückzuführen.

Als der  1. Weltkrieg begann, wurden über 5000 Bewohner aus dem damals zur Monarchie gehörenden Gebiet von Galizien – heute Polen – zwangsweise nach Wagna gebracht. Diese Menschen mussten das erste Lager bauen. Dabei wurde von den Lagerbewohnern eine polnische Kapelle errichtet. Diese Kapelle steht heute noch als evangelische Kirche in Hengsberg. 1915 wurden die Überlebenden aus Galizien wieder zurück in ihre ursprüngliche Heimat gebracht. Dann begann der Krieg zwischen Österreich und Italien. Die Frontlinie verlief damals entlang des Flusses Isonzo, also in der Gegend von Monfalcone, Ronchi die Legionari und Sagrado. Von der k.k. Regierung wurden über 25.000 Menschen in kürzester Zeit nach Wagna deportiert. Peter Rosegger schrieb damals in der Zeitung „dass Wagna zur zweitgrößten Gemeinde der Steiermark geworden sei“. Das bestehende Lager und auch die polnische Lagerkapelle waren für diese riesige Menschenansammlung viel zu klein geworden. So wurde das Lager bis zur heutigen Josef-Maier-Straße erweitert und in der nun sogenannten Kirchengasse die „San Carlos Kirche“ mit einem Fassungsvermögen von über 2000 Besuchern erbaut. Die Kirche wurde in Ziegelbauweise und teilweise auch aus Holz errichtet. Nach dem Ende des 1.Weltkrieges wurde die Kirche sehr bald wieder abgerissen. Gegenüber der damaligen Kirche wurde ein Pfarr- und Messnerhaus gebaut. Dieses Gebäude steht heute noch in der Kirchengasse.

Bis zum Jahre 1945 gab es in Wagna dann keine Kirche mehr. Nach dem 2. Weltkrieg wurden wieder tausende volksdeutsche Flüchtlinge in das leerstehende Lager Wagna eingewiesen. Bald wurde eine eigene Kirchenbaracke in der Föhrenbaumstraße gebaut. Diese Baracke steht heute noch als Erholungsheim „im Himmelreich“ in der Gemeinde St. Lorenzen im Mürztal.

Ab 1960 wurde in Wagna eine neue Kirche errichtet. Sie steht nun in der Hauptstraße und nicht mehr in der „Kirchengasse“.

 

Von Franz Trampusch