„Das Brauen ist ein Prozess, der gefühlt werden muss“

Beim Ahornweg 2 in Leitring betreibt Richard Lipp seit mehr als vier Jahren seine kleine, feine Brauerei „Richard's Bieratelier“. Welche Naturbier-Sorten hier per Hand und mit viel Liebe produziert werden und welche ambitionierten Ziele sich der Unternehmer gesetzt hat, erzählt uns der leidenschaftliche Brauer bei einer Betriebsbesichtigung.

Wie haben Sie Ihre Leidenschaft für das Bierbrauen entdeckt?

Richard Lipp: „Ich komme eigentlich aus einer ganz anderen Ecke, bin hauptberuflich Controller und sehr zahlengetrieben, habe aber immer schon eine Leidenschaft fürs Kochen und Experimentieren in der Kulinarik gepflegt. Irgendwann landet man dann auch beim Bierbrauen. Aus einem Hobby, mit dem ich 2016 begonnen habe, ist dann eine so große Leidenschaft entstanden, dass ich 2017 den Plan gehegt habe, daraus ein Gewerbe zu machen. Mit diesem bin ich Ende 2017 an den Start gegangen. Ich habe dann den privaten Werkstattbereich zu einer kleinen Brauerei ausgebaut und die Gewerbeberechtigung und alles, was dazu nötig ist, behördlich organisiert. Seitdem betreibe ich mein Bieratelier mit sehr großer Leidenschaft und glücklicherweise auch mit steigendem Erfolg.“

 

Können Sie kurz skizzieren, wo und wie Ihr Naturbier entsteht?

Lipp: „Im sogenannten Sudhaus wird gebraut. Hier wird im Brauvorgang die Malzstärke im Getreide in Zucker verwandelt, was der Kern des Brauvorganges ist. Das dauert im Regelfall sechs bis acht Stunden, je nach Biersorte. Damit hat man dann quasi die Basis für die Gärung des zuckerhaltigen Malzgemisches bzw. der Würze, die dann mithilfe von Hefe zu Bier vergärt. Dieser Prozess passiert in meiner kleinen, feinen Brauerei per Hand und wird von mir begleitet, d.h. gefühlt, gerochen, geschmeckt und gespürt, ob alles so ist, wie es sein soll.“

 

Wie viel Bier entsteht hier?

Lipp: „Pro Braudurchgang werden ca. 100 Liter produziert, eine bescheidene Menge für eine Brauerei, aber passend für meine Größenordnung. Dafür braue ich jedes Wochenende und sorge dafür, dass die Produktion nicht stillsteht. Gleichzeitig muss ich natürlich darauf achten, dass mein Lager bzw. meine Platzmöglichkeiten nicht allzu sehr beansprucht werden.“

 

Wie viele und welche Sorten brauen Sie?

Lipp: „Derzeit produziere ich zwischen acht und zwölf Sorten, davon sechs Kernsorten, die ich immer vorrätig habe und zusätzlich je nach Saison weitere Specials für das jeweilige Quartal. Jetzt im ersten Quartal ist etwa ein Fasten- und ein Osterspecial geplant. Das Fastenbier wird ein Maibock-Bier, ein eher malziges und kräftiges Starkbier mit ca. 7,5 Prozent. Das Osterbier wird ein Rauchbier werden, eine besondere Spezialität aus Deutschland. Hierfür wird im Brauprozess geräuchertes Malz verwendet, sodass ein charakteristischer Rauchgeschmack, passend zur deftigen Osterjause, entsteht. Im Sommer gibt es mit einem hellen Weizenbier etwas Leichtes für die Grillsaison, im Herbst sind dann eher schwerere Biere, z.B. ein belgisches Starkbier dran und im Dezember gibt es traditionell mein Isabella-Bier, das ich gemeinsam mit Isabellatrauben vergäre und womit ich eine schöne Kombination aus Wein und Bier kreiere.“

 

Und was sind die Klassiker?

Lipp: „Die klassischen Biere bilden einen Querschnitt aus der Bierkultur. Mein Hausbier ist das klassische Märzenbier, das sozusagen der Großteil der Österreicher gern trinkt, sehr ausgewogen und ein gutes Feierabendbier ist. Dann gibt’s ein klassisches helles Pils, sowie ein deutsches Schwarzbier, das eher herb schmeckt und aromatisch an Schokolade und Kaffee erinnert. Weiters produziere ich ein fruchtiges Pale Ale mit intensivem Hopfenaroma, ein englisches Imperial IPA mit tropenfruchtigem und blumigem Aroma und das südsteirische Mischbier – eine Kombination aus hellem Pils und dunklem Bier.“

 

Woher stammen die Zutaten für das Bier?

Lipp: „Das Malz kommt aus Österreich, der Hopfen vorwiegend aus Deutschland und Slowenien sowie aus meinem eigenen Garten, in dem ich seit drei Jahren auch selbst Hopfen anbaue und diesen gerne für Specials verwende. Mein Isabella-Bier wird z.B. mit Eigenhopfen gebraut, was dann auch auf der Flasche gekennzeichnet ist.“

 

Wo gibt's Ihr Bier zu kaufen?

Lipp: „Zu kaufen gibt’s die Biere hier bei mir im Shop und in der guten Gastronomie in Leibnitz, etwa bei den Restaurants Alte Post oder Da Ezio. Im Einzelhandel wird es nur im sehr guten Schmankerl-Bereich vertrieben, so etwa an den drei Grazer „S'Fachl“-Standorten im Murpark, der Herrengasse und im Citypark. Mein Ziel ist es auch nicht, im traditionellen Einzelhandel einzusteigen, weil es meinem Konzept widerspricht. “

 

Was ist Ihr Konzept bzw. Ihre Philosophie?

Lipp: „Im Mittelpunkt steht das Handbrauen. Ich möchte keinesfalls eine Dimension anstreben, wo ich dem Computer meinen Brauvorgang überlasse. Meine Philosophie: Das Bier soll handwerklich produziert werden. Für mich bedeutet Craft Beer wirklich Handarbeit. Ich lege sehr viel Wert darauf, meine Zeit in den Brauprozess zu investieren – das Brauen ist für mich ein Prozess, der gefühlt werden muss. Somit kann ich das aber nur mit der Hand machen. Das ist meine Philosophie. Damit ist mir auch bewusst, dass ich limitiert bin. Dadurch ist es aber auch keine Massenware, die dann in jedem Supermarkt zu finden ist. Dafür aber ein gehobenes Publikum anspricht, das dies zu würdigen weiß.“

 

Gerade hat ein neues Jahr begonnen. Haben Sie sich ein bestimmtes Ziel für heuer gesetzt?

Lipp: „Ja, sogar ein sehr großes. Mit Mitte des Jahres wird sich vieles für meinen Betrieb ändern, weil ich mich hauptberuflich, sozusagen 24/7, dem Brauen widmen möchte. Ich möchte langfristig meine Präsenz verstärken, indem ich mein Angebot ausbaue und mir schon jetzt überlege, was ich meinen Kunden ganz bewusst anbieten könnte. Mir schwebt auch vor, meinen Betrieb zu vergrößern, aber natürlich nur in einer Dimension, die noch meiner Philosophie entspricht.“