Schön war's

Im Oktober 1999 trat Dr. Joachim Gruber die Nachfolge von Dr. Wolfried Filek-Wittinghausen als Direktor des Volksbildungsheimes Retzhof an, wie damals der Retzhof im offiziellen Schriftverkehr der Steiermärkischen Landesregierung bezeichnet wurde. Mit Ende März 2023 wird er dieses schöne und traditionsreiche Bildungshaus verlassen und in den Ruhestand übertreten. Ein Blick zurück und vielleicht auch nach vorne.

Als die SV Ried im Herbst 1991 gegen Flavia Solva mit 3: 0 den Aufstieg in die damalige 2. Division schaffte, war ich im vollen Stadion live mit dabei. Allerdings in Ried i.I., meiner Heimatstadt. Ich erinnere mich, dass ich mit meinen Freunden darüber rätselte, woher diese steirische Mannschaft denn eigentlich käme? Angeblich von irgendwo dort an der Grenze zu Jugoslawien?! Wir wussten allerdings sehr wohl, dass sie als spielerisch kampfstarke und gefürchtete Truppe galt. Also alles andere als ein sogenannter Jausengegner war. Dass ich mit Flavia Solva einige Jahre später sehr viel mehr als Fußball verbinden würde, kam mir damals natürlich nicht in den Sinn.

 

Dass die Lebenswege so verliefen, wie sie eben verliefen, hat oft ganz einfach viel mit Glück und Zufall zu tun. Dass ich mich für den Leitungsposten eines Bildungshauses bewerben würde, schien jedenfalls niemals auch nur im Traum in meiner beruflichen Lebensplanung auf. Und doch kam es dann binnen weniger Tage so. Als dann die Entscheidung als neuer Direktor des Hauses auf mich fiel, war ich zunächst einmal schockiert. In den Urlaubstagen vor meinem Dienstantritt wünschte ich mir sehnlichst, dass dieser Tag niemals kommen möge. Aber er kam eben doch und – ich gestehe es – es war für mich ein Sprung ins kalte Wasser, wie man sprichwörtlich so schön sagt. Fachlich fühlte ich mich der Aufgabe zwar durchaus gewachsen. Aber einen Betrieb mit 22 MitarbeiterInnen personell und wirtschaftlich zu führen und inhaltlich da und dort neu zu positionieren, war dann doch eine überaus große Herausforderung. Der Retzhof wurde daher schon nach kurzer Zeit nicht nur mein Arbeitsplatz, sondern weitgehend auch mein Lebensmittelpunkt. Denn Bildungshäuser laufen meistens rund um die Uhr. Tag für Tag, Abend für Abend und auch an den Wochenenden. Ohne dem Einverständnis meiner lieben Gattin wäre es mir auch nicht möglich gewesen, diesen Weg zu gehen.

Gemeinsam mit der Belegschaft des Hauses gelangen aber als Lohn für dieses ziemlich selbstvergessene Leben schöne Erfolge: Der Bau des barrierefreien Gästehauses, die Modernisierung der Seminarräume im Schlossgebäude, die Rettung des klassizistischen Gartenpavillons vor dem Verfall, die Auszeichnung in Porto als bestes inklusives Bildungshaus in der Europäischen Union und die zahllosen tollen Veranstaltungen, die vielen bis heute in Erinnerung geblieben sind. All dies darf jedenfalls auf der Habenseite verbucht werden. Und ja, nicht alles gelang wie vorgesehen oder gewünscht oder erhofft. Aber in Summe macht dies den bei weitem kleineren Teil meiner beruflichen Rückschau aus.

 

Was bleibt letztendlich von all dem? Die Gewissheit, dass man über zwei Jahrzehnte lang eine überaus sinnvolle und sinnstiftende Arbeit an einem atmosphärisch wunderbaren Arbeitsplatz vollbringen durfte. Die Freude darüber, dass man für so manche TeilnehmerInnen mit dem Veranstaltungsprogramm neue persönliche Wege und Perspektiven eröffnen konnte. Und dass man auf viele unterschiedliche Menschen traf, die unterstützend, helfend und beratend ein Stück des Weges mit Dir gegangen sind. Viele von ihnen waren und sind aus der Marktgemeinde Wagna. Ihnen möchte ich von Herzen für die schöne, produktive und kreative Zeit danken, die sie mir durch ihre Mit- und Zusammenarbeit am Retzhof ermöglicht haben. Schön war´s, danke sehr und auf baldiges Wiedersehen in Wagna, vielleicht schon demnächst einmal.